· 

Still und Stark – Die Kraft introvertierter Kinder und Jugendlicher

„Introvertierte Kinder sind oft talentiert, einzigartig und liebevoll. Und trotzdem denken sie, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Das muss sich ändern.“          Susan Cain.

Als ich in der Bücherei zufällig auf das Buch „Still und Stark“ stieß, sprach mich der Titel so an, dass ich es bis zur Ausleihe nicht mehr aus der Hand gab. Hätte ich die Frontseite genauer studiert, wäre mir aufgefallen, dass das das zweite Buch der Autorin war, und hätte ich mich wahrscheinlich dafür entschieden, das erste Exemplar zu suchen um es zuerst zu lesen. Aber ich hatte es wohl in der Vorfreude zu eilig um es zu verschlingen. 

So hatte ich in der ganzen Aufregung nun doch das zweite, in dem es um stille Kinder und Jugendliche geht, zu den auch ich definitiv gehörte.

 

Deshalb wurde ich beim Lesen der ersten Zeilen schon in der Einleitung erstmal weit zurück in die Vergangenheit gepuscht.

Denn wer, wie ich, immer sehr ruhig war (und es immer noch bin) und oft dafür verurteilt und beäugt wurde, fühlt sich besonders in jungen Jahren „nicht richtig“, man fühlt sich anderen unterlegen und dümmer als die lauteren Mitschüler.

In der Arbeitswelt bestätigte es sich, dass Menschen mit einer großen Klappe erfolgreicher sind und besser ankommen - egal ob sie tatsächlich über Wissen verfügen oder nur Müll reden, oder gar sich in Lügen und Manipulationen verstricken.

Hauptsache laut und viel reden.

Der Inhalt ist egal.

Das reicht um erfolgreich und beliebt zu sein.

Zumindest dachte ich so.

 

Und ich bin sicher, dass viele introvertierte, unsichere Kinder und Teenies solche und so ähnliche Denkmuster haben.

Genau für diejenigen kann dieses Buch eine unterstützende Hilfe sein, denn zunächst ist es wichtig zu wissen, dass sie damit nicht alleine sind und „nicht-gesprächig“ zu sein, nichts mit Intelligenz zu tun hat.  

Leseprobe aus der Einleitung:


Warum bist du immer so still?“

 

Freunde, Lehrer, Bekannte, sogar Leute, die ich kaum kenne, haben mich das schon gefragt. Die meisten meinen ist ja gut. Sie wollen wissen, ob bei mir alles in Ordnung ist oder ob es einen Grund dafür gibt, dass ich so zurückhaltend bin. Manche fragen dies in einer Art, die vermuten lässt, dass sie es etwas seltsam finden, dass ich eine Weile nichts gesagt habe.

 

Ich habe nicht immer eine eindeutige Antwort auf diese Frage. Manchmal bin ich still, weil ich mitten in einem Gedanken oder einer Beobachtung bin. Manchmal konzentriere ich mich stärker auf das Zuhören als auf das Reden. Oft jedoch bin ich still, weil ich einfach so bin.

 

Still.

In der Schule schien es immer das größte Kompliment zu sein, dass man bekommen konnte, wenn es hieß, man könne "aus sich herausgehen".

 

Meine Lehrer forderten mich im Unterricht häufig auf, ich solle mich öfter melden. Bei Tanzveranstaltungen in der Schule ging ich mit meinen Freundinnen auf die Tanzfläche, aber wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir nur bei einer von uns zu Hause gechillt. 

 

Während des Studiums besuchte ich laute Partys mit vielen Leuten, konnte jedoch nie das Gefühl abschütteln, es gefiele mir eigentlich besser, mit ein oder zwei Freunden irgendwo zu Essen und ins Kino zu gehen. Ich habe mich aber nie darüber beklagt. Ich dachte, es würde von mir erwartet, diese Dinge zu tun, um als "normal" zu gelten.

 

Während all dieser Zeit hatte ich ein kleines, aber inniges Netzwerk enger Freunde und Kollegen aufgebaut. Ich habe mich nie darum gekümmert, ob jemand beliebt war oder nicht daher waren einige meiner Freunde "cool" und andere überhaupt nicht. Dank meiner Vorliebe für vertraute Gespräche waren meine Freundschaften aufgebaut auf gegenseitigem Vertrauen, Freude daran, jeweils in Gesellschaft des anderen zu sein, und Zuneigung. Sie hatten wenig mit Cliquenbildung oder Wettstreiter um besondere Beliebtheit zu tun. Die Leute fingen an, mich für meine Fähigkeit, selbstständig zu denken, und für mein ruhiges Herangehen an angespannte Situationen. Sie machten mir Komplimente dafür, tiefsinnig nachzudenken und eine großartige Zuhörerin zu sein sie fingen auch an mir zuzuhören. Sie stellten fest, dass, wenn ich etwas sagte, dies gut durchdacht war.

Und als ich in die Arbeitswelt eintrat, boten mir die draufgängerische nun verblühten Typen, die mich früher eingeschüchtert hatten, Jobs an!

 

Mit der Zeit merkte ich, dass meine stille Art, ans Leben heranzugehen, die ganze Zeit über eine große Kraft gewesen war. Sie war ein Werkzeug, das gebrauche ich nur erst hatte lernen müssen. Ich schaute mich um und sah, dass die Welt viele großartige Beiträge - vom Apple-Computer bis zu der Kater mit Hut - von Introvertierten erhalten hatte, und zwar wegen, nicht trotz deren stillen Temperament.

Ich sammelte meine Gedanken in einem Buch für Erwachsene und nannte es "Still, die Kraft der Introvertierten". Das Buch schaffte es auf die Bestseller Liste der New York Times, hielt sich dort jahrelang und wurde in 40 Sprachen übersetzt. Viele tausend Menschen erzählten mir, einfach nur dieser eine Gedanke - dass ihr stilles Herangehen berichtige Nutzung eine starke Kraft darstellt - habe ihr Leben tatsächlich verändert. Das berührte sie auf eine Weise, die ich mir nie hätte vorstellen können. Schon bald fing ich an, Dinge zu tun die mir unmöglich erschienen waren, als ich jünger war.

Als ich beispielsweise in der Middle School war, versetzte es mich in Angst und Schrecken, wenn ich vor anderen sprechen sollte. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, wenn ich am nächsten Tag ein Buch vorstellen musste.

 

Einmal war ich so eingeschüchtert, dass ich vor der Klasse wie gelähmt da stand und den Mund nicht aufbekommen habe.

 

Heute erscheine ich auf Bildschirmen in aller Welt als Fürsprecherin für introvertierte Menschen und halte Vorträge vor mehreren tausend Leuten. Ich habe Vorträge über Introvertiertheit gehalten die mit vielen Millionen Aufrufen zu den am häufigsten gesehenen TED Talks aller Zeiten wurde.

Von diesen Erfahrungen angeregt, wurde ich Mitbegründerin von Quiet Revolution, einem Unternehmen mit der klar definierten Mission, introvertierte aller Altersstufen zu stärken. 

 

Ich möchte, dass wir Stillen das Gefühl haben, überall wir selbst sein zu können - in der Schule, bei der Arbeit und in der gesamten Gesellschaft. "Quiet Revolution" setzt sich für eine Veränderung ein und verschafft den Stimmen von uns introvertierten mehr Gehör. Es ist eine inklusive Bewegung-jeder kann sich uns anschließen, egal wie still oder extrovertiert er ist.

Auch für kommunikative Menschen ist es wichtig zu wissen, dass erfolgreiche Persönlichkeiten oft einen „stillen Denker“ als Kollege oder Ehepartner hatten, die sie dabei unterstützend zur Seite standen und den Namen nach oben katapultierten. Der Name der „Denker und Lenker“ bleibt dabei oft unerwähnt.  

Für die Zukunft stelle ich mir eine Zusammenarbeit vor zwischen Mann und Frau, Kinder und Erwachsene, genauso wie zwischen Introvertierte und Extrovertierte mit dem selben Respekt und ohne jegliche Benachteiligung wie sie es bisher im alten System ergab. Dann funktioniert auch Gemeinschaft.

MANIFETST FÜR INTROVERTIERTE:

 

  • Ein ruhiges Temperament ist eine verborgene starke Kraft

 

  • Es gibt einen Begriff für „Menschen die zu sehr in sich vertieft sind“: Denker.

     

  • Die meisten großartigen Ideen entstehen in der Einsamkeit

     

  • Du bist dehnbar wie ein Gummiband. Du kannst alles machen, was Extrovertierte machen, sogar ins Scheinwerferlicht stehen. Für Stille ist später immer noch Zeit.

     

  • Aber obgleich du dich gelegentlich wie ein Gummiband wirst dehnen müssen, sollterst du anschließend wieder zu deinem wahren Selbst zurückkehren.

     

  • Zwei oder drei enge Freunde bedeuten mehr als hundert Bekanntschaften (obwohl Bekanntschaften auch toll sind).

     

  • Introvertierte und Extrovertierte sind wie Yin und Yang – sie lieben und brauchen aneinander.

     

  • Es ist in Ordnung, die Straßenseite zu wechseln, um Smalltalk zu umgehen.

     

  • Du musst kein Cheerleader sein, um andere zu führen. Lies mal bei Mahatma Gandhi nach.

     

  • Wo wir schon bei Gandhi sind, er hat einmal gesagt: „Du kannst die Welt mit Sanftmut erschüttern.“   

Zwei Phasen die sich bei mir abwechseln:

1. Ich will mein Bett nie mehr verlassen, lesen, tagträumen und schlafen.

2. Ich will die Welt bereisen und Abenteuer erleben.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0